Sie sind auf Reisen, Ihr Handy klingelt, Sie nehmen ab. Die Hiobsbotschaft: Ihr Haus ist abgebrannt. Ihr Hab und Gut hat sich in Asche verwandelt. Das, was sie sich über Jahre hinweg aufgebaut haben, ist in sich zusammengefallen wie ein Kartenhaus und wurde zunichtegemacht von Einflussfaktoren, über die wir keine Kontrolle haben. Zurück in ihrem eigentlichen Heim stehen Sie vor den Überresten und es überkommt sie: Alles ist noch viel schlimmer als gedacht. Doch während Sie mit den Tränen kämpfen, packt sie jemand am Arm, zwingt sie in eine aufrechte Haltung und sagt: «Wir schaffen das.»
Ein Satz, drei Worte und eine tiefere Bedeutung, die sich nicht in Zahlen messen lässt. «Wir schaffen das.» Diese Aussage beruhigt. Sie unterstützt, sie macht Hoffnung, sie rückt den Zusammenhalt in den Vordergrund und löst den Blick von der präsenten misslichen Lage und richtet ihn auf eine hoffnungsvolle Zukunft. Diese Aussage beruhigt, denn sie verleiht Mut, sich herausfordernden Zeiten zu stellen.
In Lebensabschnitten, in denen einem alles abgefordert wird, in denen alles schief läuft, braucht man genau diese Menschen, die sagen: «Wir schaffen das.» Nicht die Mitleidenden, die mit sanftem Grusel aufzählen, wie schlimm und schier nicht bewältigbar die Lage ist. Genauso wenig braucht man die Lamentierenden, die einen Schuldigen nach dem anderen identifizieren, die unaufhörlich und wortreich erklären, warum denn nun alles verloren ist. Erstaunlicherweise haben gerade letztere Einstellungen Hochkonjunktur in herausfordernden Zeiten. Gegen beides gibt es ein Hilfsmittel: Pragmatismus.
Wir können lange nach der perfekten Lösung suchen, die alle Unsicherheiten aufhebt, alle Gefahren aus dem Weg räumt und mitleidende und lamentierende Stimmen zum Schweigen bringt. Finden werden wir diese perfekte Lösung nicht. Denn herausfordernde Zeiten entwickeln sich unvorhersehbar, sie sind dynamisch und sie passen sich nicht unseren Lösungen an. Eine Unsicherheit an einem Tag, ist an einem anderen Tag Gewissheit. Die grösste Gefahr von heute, kann morgen nebensächlich sein. Wir werden nur dann erfolgreich, wenn wir die aktuell beste Lösung identifizieren, bereit für Adaptionen sind, uns ausdauernd Stück für Stück durch die Krise kämpfen und mit den richtigen Menschen um uns herum daran festhalten, dass wir das schaffen.
Was wir brauchen, um zu gewinnen, ist eine Vogelperspektive. Wir sind gefordert, uns die Fähigkeiten eines Adlers anzueignen: Überblick verschaffen, das Ziel ins Auge fassen, vorbereiten, zugreifen. Und in jedem Fall, ob erfolgreich oder nicht, weiterziehen und den nächsten Versuch in Angriff nehmen. Gleichzeitig müssen wir der Wahrheit ins Auge blicken. Wir müssen uns eingestehen, wenn wir uns von Ballast lösen müssen. Wir müssen uns eingestehen, wenn wir unsere mitleidende und lamentierende Art ablegen und uns von Menschen, die diesen Schritt nicht mit uns gehen wollen, distanzieren müssen. Es gilt diejenigen zu erkennen, die mit uns die Herausforderung gemeinsam anpacken und die sagen «wir schaffen das.» Was wir brauchen, um zu gewinnen, sind die Fähigkeiten eines Adlers, das Bewusstsein für Wahrheit und letztlich den Mut, Chancen zu packen.
Gewinner sind überzeugt, dass sie etwas schaffen, sie sind sich selbst und ihrem Umfeld gegenüber ehrlich und sie scannen ihr Umfeld, erkennen Chancen und packen diese beim Schopf.
Mai 2020, Haempa Maissen